Der Reader Nr 5 erscheint als Teil der Part Time Commitment Series zusammen mit der Ausstellung What does work mean at the end of the day? (23.3. – 25.6.2023) und und denChapters 1–4 (14.6.–11.8.2024). In der Idee des begleitenden Publizierens werden Texte zugänglich gemacht, die im Verlauf des Projektes entstehen und / oder sich weiteren Denkräumen öffnen. Die Beiträge werden sowohl online als auch vor Ort in gedruckter Form bereit gestellt und können zu einem optionalen Kompendium zusammengestellt werden.
Unter dem Titel Part Time Commitment Series finden verschiedene Formate in der Lothringer 13 Halle statt, die entlang des Begriffs der Arbeitsteilung die gesellschaftspolitische Wirkmacht des Modells der Vollzeiterwerbstätigkeit verhandeln und abweichende Realitäten prekärer, unbezahlter, Teilzeit- und Mehrfachtätigkeiten erzählen.
Die Arbeiten in der internationalen Gruppenausstellung What does work mean at the end of the day? / Was bedeutet Arbeit am Ende des Tages? befassen sich damit, wie wir Arbeit definieren, organisieren, aufteilen, zuweisen und als Gesellschaft honorieren.
Ab Juni 2024 widmen sich vier Kapitel der Frage, wie sich Zeit täglich – aber auch aus der Perspektive auf Biografien – auf welche Tätigkeiten verteilt. Wo verlaufen die Grenzen und Widersprüche zwischen sozialem Engagement, selbständiger Arbeit, abhängiger Lohnarbeit, politischem Engagement, kultureller Produktion, Selbstsorge und Selbstversorgung? In welchem Verhältnis steht Arbeit im Kollektiv oder als Gruppe zu einem nachhaltigen Umgang mit Ressourcen und solidarischer Zusammenarbeit? Die Kapitel der PART TIME COMMITMENT SERIES. Chapter 1–4 werden von verschiedenen Kollektiven und Gruppen entwickelt und verstehen sich als offene Versuchsanordnungen, Arbeitslabor, geteilte Recherche-, Diskussions- und Erfahrungsräume.
AUSSTELLUNG What does work mean at the end of the day? mit
Angela Anderson & Ana Hoffner ex-Prvulovic*, Katrin Bertram, Brigitte Dätwyler, Monique S. Desto, Paula Hurtado Otero, Lena Maria Thüring, Anna Witt
ARBEITSKREISE # 1-3 mit
u.a. Katrin Bertram, Janusz Czech, Michael Hirsch, Lisa Jeschke, Johanna Klingler, MYSTI, Prof. Dr. Erika Spieß, Marina Vishmidt
Chapter 1–4: Arbeit, Zeit, Ressourcen, Solidarität von und mit
otc (Rahel grote Lambers, Alexander Klaubert, Francis Kussatz, Julia Lübbecke), ARBEITSLABOR (Susanne Beck, Karen Modrei, Julia Richter), Verena Hägler & Nicola Reiter, Klasse für Quereinstieg/Artists Pedagogy der AdBK München (Sofia Gold, Nikolai Gümbel, Judith Hagen, Luisa Koch, Angelika Lepper, Jonas Rall, Mirja Reuter, Ivo Rick, Ursula Rogg, Adrian Sölch, Vasilii Vikhliaev, Matt Wiegele)
KURATORIN
Lisa Britzger
Reader Nr 5
INHALT
Michael Hirsch
Glossar A R B E I T
Gürsoy Doğtaş
Glossar A R B E I T, 1. Fortschreibung
Miriam Gutekunst, Isabel Klein, Alexandra Rau (F*AMLab)
Glossar A R B E I T, 2. Fortschreibung
Ausgehend von den Themen und Konzepten der künstlerischen Arbeiten in der Ausstellung WHAT DOES WORK MEAN IT ATHE END OF THE DAY? hat der Autor, Philosoph und Politikwissenschaftler Michael Hirsch zur Eröffnung ein Glossar mit Begriffen erstellt von „8 Stunden-Tag“ bis „Zweite Schicht“. Der Kurator Gürsoy Doğtaş ergänzt Begriffe der Arbeitsmigration aus seinem biographischen Kontext und die drei Wissenschaftlerinnen Alex Rau, Isabel Klein und Miriam Gutekunst (F*AMLab) haben Einträge aus geschlechtertheoretischer Perspektive verfasst.
Paula Hurtado Otero
After Failure Came the Light
In der Zeit um die Geburt ihrer Toch- ter reflektierte Paula Hurtado Otero über die Vereinbarkeit von Mutterschaft, Hausarbeit und künstlerischer Praxis.Während eine afghanische Freundin ihr zeigte, wie persische Teppiche geknüpft werden, wurden Geschich- ten über die wirtschaftliche Situation der persischen Teppichknüpfer mit ihrer eigenen Lebenssituation verknüpft. Jedes Mal, wenn die Arbeit der Künstlerin aufgrund der Bedürf- nisse des neugeborenen Kindes und später auch aufgrund der körperlichen Schmerzen, die von der starren Arbeitshaltung hervorgeru- fen werden, unterbrochen wurde, änderte sie die Farbe derWolle. In der Videoarbeit „After failure came the light“, die sich auf die frühere Knüpfarbeit bezieht, teilt Paula Hurtado Otero einen Teil ihres Protokolls dieses monotonen, meditativen, körperlich anstrengenden Arbeits- prozesses und seiner zeitlichen Logik, die durch die Gleichzeitigkeit von Pflegearbeit und künstlerischer Arbeit getaktet ist.
Lisa Jeschke & MYSI
Liberal Discomfort Zone
Lisa Jeschke & MYSI
Extended Part-Time Liberal Discomfort: A Conversation for Interruption
Script of the workshop Liberal Discomfort Zone, held as part of the Illileral Arts exhibition at HKW Blerin in 2021 and Script of the Performance Extended Part-Time Liberal Discomfort: A Conversation for Interruption which was part of Part Time Commitment Arbeitskreis #2: Infrastructures, Liberal Discomfort, Disruption, 9-10 June 2023 with Lisa Jeschke, Johanna Klingler, MYSTI, Marina Vishmidt
Erweiterungen 2024
otc – Observant Thick Conversation (Rahel grote Lambers, Alexander Klaubert, Francis Kussatz, Julia Lübbecke)
What a way to make a living
In einem langfristig angelegten Recherche- und Austauschprozess befasst sich das Künstler*innenkollektiv otc - Observant Thick Conversation, mit solidarischen Formen des nachhaltigen Zusammenarbeitens. In der Lothringer 13 Halle greift otc verschiedene Aspekte kollektiven Arbeitens auf und übersetzen sie in die ortsspezifische Installation Out of Your Head and Into my Body aus vorgefundenen Materialien und Elementen aus dem Fundus des Kunstraums. Die für den L13 Reader Nr5 transkribierete Audioarbeit entstand 2022 als Beitrag zu der Ausstellung I DON’T WORK ON WEEKENDS. Die Installation Out of Your Head and Into my Body, die 2024 für das Projekt Part Time Commitment Series. Chapter 1–4 entstand, führt die Themen und Ansätze von What a way to make a living weiter.
Verena Hägler & Nicola Reiter
TAKTUNGEN
Taktungen zeigt erste Ergebnisse zweier Rechercheprojekte im Kontext von landwirtschaftlicher und industrieller Arbeit. Rhythmisierung von Leben und Alltag spielt in diesen Arbeitswelten eine wesentliche Rolle; ebenso die Landschaft als Umfeld, aber auch als elementare Bedingung für die Arbeit. Teilweise ist es eine lebenslange Verbundenheit im zeitlichen Modus der Vollzeitbeschäftigung mit einem familiären Betrieb / einem Arbeitgeber, die hier prägend wirkt. Auch eine starke Identifikation mit der individuellen Arbeit / mit der Arbeitsstätte / mit dem Produkt sind signifikant – eher ein Fulltime oder auch ein Lifetime, denn Parttime Commitment. Die Strukturen sind jedoch stark im Wandel.
Nicola Reiter beschäftigt sich in Afdǝrmähdag mit den landwirtschaftlichen Strukturen ihrer Umgebung im Allgäu, die gleichzeitig das Umfeld ihrer Herkunft sind. Verena Hägler arbeitet für ihr Projekt MAXHUETTE revisited mit kürzlich wiederentdecktem analogem fotografischem Material. Die Bilder sind 2006 bei einer Recherche auf dem Gelände der Maxhütte und in Sulzbach-Rosenberg entstanden, einer von Bergbau und Stahlindustrie und inzwischen tiefgreifenden Veränderungen geprägten nordbayerischen Stadt.
Susanne Beck, Karen Modrei, Julia Richter
ARBEITSLABOR
Das ARBEITSLABOR wurde von der Kunstvermittlerin Julia Richter mit den Künstlerinnen Susanne Beck und Karen Modrei als offenes Programm im Lothringer 13 Lokal konzipiert. An fünf Wochenenden von Juni bis Juli 2024 wurde der Begriff ARBEIT in Workshops, Diskussion und Arbeitssessions untersucht, auseinandergenommen, umgedreht und neu zusammengesetzt; frei nach der von der Soziologin und Philosophin Frigga Haug entworfenen „ 4- in-1 Perspektive“. Das Modell 4-in-1 versteht sich als Ansatz für eine soziale, gendergerechte und demokratische Gesellschaft. Die Arbeit aller soll in 4 gleiche Teile aufgeteilt werden, sodass jede*r sich in den Bereichen Erwerbsarbeit, Sorge (CARE), Bildung/Kultur sowie Politik/Gesellschaft betätigen kann.
Sofia Gold, Nikolai Gümbel, Judith Hagen, Luisa Koch, Angelika Lepper, Jonas Rall, Mirja Reuter, Ivo Rick, Ursula Rogg, Adrian Sölch, Vasilii Vikhliaev,
Matt Wiegele
SPRECHENDE KÖRPER, DENKENDE ARME – eine Kartierung des Quereinstiegs
Künstler*innen der Klasse für Quereinstieg/Artists Pedagogy der Akademie der Bildenden Künste München widmen sich dem Phänomen Arbeit und Wert in seinen kulturellen, materiellen und gesellschafts-ökonomischen Dimensionen. In einem inszenierten Thinking Together (mit menschlichen und nichtmenschlichen Akteur*innen), wurden existenzielle Ressourcen wie (Lebens-)Zeit und Geld, Überzeugung, künstlerische Vision, Gestaltung dessen, was uns umgibt, sich widmen wollen und Glück verhandelt. Die Halle der Lothringer 13 wurde zu einer Infrastruktur, in die sich Künstler*innen mit Expert*innen des Querein- und - aussteigens sowie mit Besucher*innen in einen Austausch über Arbeit, Wert und Sinn begaben.